Frühjahr 2016: Wenzel Voß

Der Fußball hat in Nepal nach und nach einen höheren Stellenwert eingenommen. Neben Cricket ist es der beliebteste Sport im Land, und vor allem Kinder spielen immer öfter Fußball. Oft fehlt es leider an der nötigen Infrastruktur, weswegen die Kinder teilweise auf atemberaubenden Plätzen an den entlegensten Orten spielen. Da kann „den Ball holen“ auch mal eine halbe Stunde kosten, wenn er am Tor vorbeigeht.

Die Möglichkeit, in einem ruhigen, ungefährlichen und familiären Umfeld zu spielen, gibt das Nepal Youth Programme. Durch den Vortrag des ehemaligen nepalesischen Nationaltrainers Holger Obermann im FORUM Merzhausen kam der Kontakt zu diesem Projekt auf. Eine Reise nach Nepal war zwar schon vorher geplant, aber dass ich diesem Projekt einen Besuch abstatten durfte, kam mir sehr recht und war ein glücklicher Zufall.

Das Nepal Youth Programme ist ein Projekt in Kopan, einem Stadtteil von Kathmandu, der Hauptstadt Nepals. Gelegen auf einer Anhöhe über Kopan, wird hier Fußball auf steinigem, sandigem Boden gespielt. Das Training findet wie bei uns im VfR um 7 Uhr statt, nur mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass es in Nepal um 7 Uhr morgens anfängt und die Kinder anschließend zur Schule im benachbarten Gebäude gehen. Geleitet wird das Projekt von Rajiv Nepali, einem ehemaligen Spieler des SV Wehen Wiesbaden und der nepalesischen Nationalmannschaft. Unterstützt wird er von seinen alten Nationalmannschaftskollegen.

Durch  das  schwere Erdbeben im Frühling  letzten  Jahres hat sich die Lage im Land  immens verändert. In weiten Teilen von Nepal und vor allem Kathmandu sind viele Häuser zerstört, und Geld fehlt an allen Ecken und Enden. Viele Menschen sind obdachlos. Die ohnehin bereits sehr chaotische Stadt hat nun mit den Folgen des Bebens zu kämpfen. Auch und gerade deshalb ist es schwierig für viele Kinder, regelmäßig zur Schule zu gehen und ein normales Leben zu führen.

Das Nepal Youth Programme gibt diesen Kindern die Möglichkeit, Spaß zu haben, und erleichtert ihnen darüber hinaus das Leben in vielen Bereichen. Das Augenmerk liegt dabei nicht ausschließlich auf dem Fußball. Es wird darauf geachtet, dass die Kinder die Schule besuchen, dass sie lernen und dass ihnen Werte vermittelt werden. Die Erziehung spielt eine große Rolle. Dies wurde mir vor allem bewusst, als mir die Kinder bei Trainingsansprachen andächtig zuhörten und immer meinen Anweisungen folgten. In Deutschland funktioniert dies nicht einmal bei aktiven Mannschaften, in Nepal hingegen ist das auch mit vierzig Acht- bis Achtzehnjährigen möglich.

Zudem begegnen sich die Kinder auch gegenseitig mit höchstem Respekt und besonderer Höflichkeit. Dies geschieht nicht zuletzt dank der großartigen Arbeit des Projekts und spiegelt auch sonst ein besonders hervorstechendes Attribut Nepals wider: den Zusammenhalt. Es ist  toll zu sehen, was Holger Obermann  mit  seinen früheren „Schützlingen“ aus der Nationalmannschaft  hier  auf  die  Beine gestellt hat, und das Projekt hat jegliche Anerkennung und Unterstützung sehr verdient. Mit dem Trikotsatz, den ich mitgebracht habe, haben auch wir das Projekt ein  wenig unterstützt. Nun hat  der VfR  seinen eigenen, kleinen Fanclub in Kathmandu, der alle Spiele und Ergebnisse im Internet aufmerksam verfolgt. Welcher Verein aus der Region kann das schon behaupten?“